Meine Vorfahren aus dem Rheiderland

Familie Pals

Das Rheiderland ist überwiegend evangelisch- reformiert. Bis Mitte des19.Jahrhunderts wurde Niederländisch gepredigt und die Kirchenbücher natürlich auch in holländischer Sprache verfasst. Drei Gemeinden, nämlich Holtgaste, Bingum und Pogum waren lutherischer Religion. Hier wurde das Kirchenbuch in deutscher Sprache geschrieben. Dadurch änderte sich oft die Schreibweise eines Namens. Aus Boumann wurde dann Baumann usw..

Im Rheiderland wurde, wie im übrigen Ostfriesland, die patronymische Namensgebung praktiziert. Das bedeutet sehr kurz erklärt: der Sohn erhält den Vornamen des Vaters als Nachnamen. Peter, der Sohn von Enne Peters heißt also Peter Ennen. Die Ehefrauen behielten überwiegend ihren Mädchennamen. Diese Besonderheiten sollten sich erst mit Napoleon 1811 langsam ändern. Ein kaiserliches Gesetz verpflichtete alle Bürger, die bisher keinen gleichbleibenden Familiennamen hatten, einen anzunehmen. Für mich war es schon recht verwirrend, wenn der Bruder von Frouke Peters plötzlich Enne Peters de Boer genannt wurde. Nach Napoleons Regentschaft fielen die Rheiderländer wieder in ihre alten Gewohnheiten zurück. 1826 erließ König Georg IV eine Verordnung für die Führung von Familiennamen in Ostfriesland. Zwei Jahre später folgte dann ein Gesetz, welches das Führen von patronymischen Namen unter Androhung von Strafe verbot. Leider ohne Erfolg. Erst in den 1870er Jahren wurden mit der Einführung der Standesämter dann feste Familiennamen eingeführt.

 

Hinderk Hanssen Pals wird am 2.Februar 1740 als Sohn des Bauern Hans Jans Pals und Renske Hinderks in Bunde geboren.

Bei der Eintragung ins Kirchenbuch war der Pastor wohl nicht ganz bei der Sache. Die Ehefrau wird fäschlicherweise als Rixte bezeichnet. Weil sie aber in späteren Eintragungen Renske genannt wird, habe ich diesen Namen als richtig angesehen.

Auch der Name Hindrich wird später nicht mehr verwendet. Große Schwierigkeiten bei der Suche nach meinen Ahnen hat mir der Nachname Pals bereitet. Als Ostfriesen haben sie sich an die patronymische Namensgebung gehalten. Führten aber schon Anfang des 18. Jahrhunderts den Namen Pals. Manchmal wurde er in den Urkunden eingetragen, aber sehr oft einfach weggelassen. In Grundbuchurkunden fehlt er meistens.

 

 

Im gleichen Jahr wie Hinderk, wird in Bunderhammrich Pieter Ennen am 27. Februar 1740 geboren. Er ist der Sohn des Landgebräuchers Enne Pieters und Wendel Harms. Schon sein Großvater, der auch Pieter Ennen hieß, hatte dort gelebt. In der Personalschatzung Neu Hammerich 1719 wird Pieter Ennen als Altemann angegeben, der diese Schatzung mit dem Schüttemeister verfasst hat. Sie bezeichnen sich als Interessenten. Danach hatten Pieter Ennen en syn frauw, 2 Sohns, 2 Dochters, 14 Grasen Land.

 

 

Die Angaben aus der Personalschatzung konnte ich sehr schön im Bunder Kirchenbuch überprüfen. Im Heiratseintrag des zweiten Sohnes von Peter Ennen, Harbert, wird angegeben: "Harbert Pieters nagelaten zoon van de overledene Pieter Ennen gewesen Ouderlingh in Nieuwe Hamrick". (Ouderlingh = Altemann, Kirchenältester)

Über Harbert wird des weiteren angegeben: Schatzungsregister Neihe Hamerich Ao 1749
Harbert Petters und Frau Eygen Haus, 2 Kiender, milchet 6 Kühe auf die Üterdicken.

Es ist die Zeit der großen Poldereindeichungen. Nach und nach wurde dem Dollart das Land, das er im späten Mittelalter überflutet hatte, wieder abgerungen. Alt-Bunderneuland war bereits im Jahre 1605 eingedeicht worden. Der nächste Polder war der Charlottenpolder. Herzogin Christine Charlotte hatte den Anwachs 1682 bedeichen lassen.

1707 wurde dann der Bunder-Interessentenpolder eingedeicht. Teile an Nord-und Südseite wurden Norder- und Süder Christian Eberhards Polder genannt.

1752 wurde dann mit der Bedeichung des landschaftlichen Bunder Polder begonnen. Rund 1800 Menschen arbeiteten daran. Jeder Arbeiter musste seinen "Spaden und Keuer-Haken, wie auch Sporen unter den Schuhen" selbst mitbringen. Die Hütten in denen sie über den Sommer wohnten auch selbst bauen. Brauer und Bäcker lieferten Bier und Brot. Eine Abteilung Soldaten sorgte für Ruhe und Ordnung. Es war sicherlich ordentlich was los im ruhigen Rheiderland und die beiden zwölfjährigen Hinderk und Pieter werden davon sicherlich etwas mitbekommen haben. Vielleicht haben sie auch schon mit angepackt. Mit zwölf war man ja alt genug zum arbeiten.Andererseits denke ich, die schwere Arbeit am Deich, war eher etwas für einen ausgewachsenen Mann.

 

Bunde war bis zum 17. Jahrhundert hauptsächlich von der Landwirtschaft geprägt. Im Zuge der Einpolderungen siedelten sich Handwerker an, die bald einen großen Anteil an der Bevölkerung ausmachten. Im Jahr 1757  wohnten in Bunde 16 Bauern, bei 1076 Einwohnern.

Alte Postkarte von Bunde

mit Blick auf die reformierte Kirche

 

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Bunderhammrich ist eine Reihensiedlung. Sie wurde auf einem Schlafdeich angelegt, der zum Schutz von Marienchor errichtet wurde. Nachdem die Küstenlinie durch weitere Eindeichungen verschoben wurde, begann die Besiedelung des nun nicht mehr benötigten Deiches. Die weiten Flächen um den Ort wurden dabei entweder in Aufstreckrecht oder in Erbpacht vergeben. Daneben siedelten sich in dem Ort viele Landarbeiter an. Im Jahre 1719, zwei Jahre nach der verheerenden Weihnachtsflut, gab es neben 24 Herden (Höfe) 27 Haushaltungen von Landarbeitern.

 

Hinderk Hansen Pals war der zweite Sohn von sechs Kindern. Somit erhielt er den Vornamen von seinem Großvater mütterlicherseits, den Nachnamen von seinem Vater. Er wird Bauer in Bunde, wie sein Vater auch. Sein älterer Bruder Jan ergreift den Beruf des Fuhrmannes. Sie werden sich ergänzt haben.

Am 12.01.1766 heiratete Hinderk die Witwe Hilke Hinderks. Sie hatte bereits einen Sohn, Hubert, und hatte mit ihrem ersten Ehemann Hubert Fieben auf dem Polder gelebt. Da Frauen zu dieser Zeit keine Rechte hatten, war es wichtig für sie, schnell wieder zu heiraten. Hilke stammte aus Bunderhammrich. Ihr Vater, Hinderk Gerryts, wird im Schatzungsregister Neihe Hamerich Ao 1749 wie folgt angegeben: "Hinrich Geriets und Frau, Viertelhert, 3 Kiender, 8 1/2 Grasen Land". (Wahrscheinlich der Nachbar von Enne Pieters.)

Am 13.Oktober 1766 wird der erste Sohn Hans in Bunde geboren. Wie sein Onkel Jan wird er Fuhrmann.

Hans Hinderks hatte noch zwei Brüder, die beide Hinderk Gerryts hießen. Der jüngere war schon früh gestorben, und deshalb erhielt der nächste Sohn seinen Namen, der sich vom Vater der Mutter ableitete. Es ist schon gewöhnungsbedürtig, wenn Brüder nicht den selben Nachnamen haben, aber so war nun mal der Brauch und kein Name durfte verloren gehen. Hier hat mir doch der Name Pals geholfen, der ab und an erwähnt wurde.

 

 

Doch nun zurück nach Bunderhammrich, oder Niehamrich, wie der Ort zu dieser Zeit genannt wurde.

1744 starb das Geschlecht der Cirksena aus. Ostfriesland viel an Preußen. Friedrich der Große trieb die Eindeichung der Polder, wie schon beschrieben, voran. Im siebenjährigen Krieg (1756–1763) waren die Rheiderländer zwar nicht in Kampfhandlungen verwickelt, wurden jedoch zweimal von fremden Truppen besetzt. Für die Bauern bedeutete dies Einquartierung und Verköstigung der Besatzer.

 

Pieter Ennen (*1740) und sein Bruder Harm (*1737) bewirtschafteten zunächst gemeinsam den elterlichen Hof

(Rep 128, W2286 Staatsarchiv Aurich). Als beide aber in den siebziger Jahren heirateten, trennten sich ihre Wege.

Pieter heiratete Reentje Meinders. Gemeinsam hatten sie 5 Kinder. Meinnert, Wendelke, Frouke, Geeske und Enne Peters, der später, unter Napoleon, den Nachnamen de Boer annahm.

Meinnert verstarb früh. Was aus Geeske wurde, ist mir nicht bekannt. Enne Peters de Boer erlernte den Beruf des Bäckermeister und wohnte vorerst auf dem Polder, später in Critzum. Er heiratete Tjakomijntje Theesen Dupree, die Tochter des Kaufmannes Thees Cornelius Dupree aus Ditzumerhammrich und hatte 5 Kinder mit ihr. Aber auch er wurde nicht alt, lt. OSB Nüttermoor Nr. 252 war er 1826 nicht mehr am Leben. Seine Witwe starb über 30 Jahre später am 23.09.1857 um 8:00 Uhr in der Frühe an Entkräftung in Eisinghusen/ Mooräcker. Wendelke heiratete 1779 Jan Janssen Bruns aus Freepsum.

Und Frouke?  Sie heiratete den Fuhrmann aus Bunde. Den Hans Hindriks, meinen Urgroßvater in 4. Generation (s.o.).

 

 

Alte Postkarte von Bunderhammrich.

Schule und Lehrerwohnung

 

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Alte Postkarte von Bunderhammrich

Gasthof zur Post - de Boer -

 

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Hans Hindriks Pals und Frouke Pieters wurden am 18.April 1801 in Bunde getraut. Das Paar ließ sich in Bunderhammrich Haus 54 nieder, wo Frouke Grundbesitz hatte. Hans verdiente den Unterhalt der Familie als Fuhrmann und Landgebräucher. Noch in den 50er Jahren des 20ten Jahrhunderts wurden in Bunderhammrich Unterschiede zwischen Bauern und Langebräuchern gemacht. Ersterer war Besitzer eines Plaatzes (Hofes), während der Landgebräucher sozusagen als Pächter den Hof bewirtschaftete. Nachdem Fraukes Eltern 1813 verstarben erbte Frouke zwar nach Mehrst-Erbrecht weitere Grasen Land, das Leben blieb jedoch sehr beschwerlich. (Das "Gras" wurde allgemein auf 42,554 Ar gesetzt, war aber, da es eine Kuhweide groß war, sehr abhängig von der Ertragsfähigkeit des Bodens.)

Der Ehe entstammten 6 Kinder: Hindrik (1802 – 1806), Reentje (1805), Hindrik (1808), Peter Ennen (1812), Hinderikus (1815 - 1815) und Hilke (1818). Ein Jahr nach der Geburt seiner jüngsten Tochter starb Hans Hindriks. Der dritte Sohn Peter Ennen war zu dem Zeitpunkt 7 Jahre alt. Er tritt später in die Fußstapfen seines Vaters und wird Landgebräucher und Fuhrmann. Zeitweise wird er auch als Arbeiter auf dem Heinitzpolder angegeben. 1843 übernimmt er von seiner Schwester Hilke 14 Grasen 78 Ruthen Land in Bunderhammrich um seinen Besitz zu vergrößern. Peter Ennen heiratete am 01.April 1839 in Bunde die damals 19 jährige Jeltje Abben Mettjes aus seinem Dorf. 

Die Ehe ist überaus fruchtbar. Neun Kinder werden geboren, von denen Acht das Erwachsenenalter erreichen. Nur der Jüngste, Hilko verstirbt bereits im Alter von zwei Jahren (1858 -1860). Das Leben eines Fuhrmannes ist hart. Die Wege sind oftmals nicht befestigt und der schwere Kleiboden erschwert ein Vorwärtskommen besonders in der nasskalten Zeit. So erlebt auch Peter Ennen die Geburt seines jüngsten Sohnes nicht mehr. Als Todesursache wird Nasenbluten angegeben. Auf seinem Sterbebett ruft er einen Notar, um sein Testament zu schreiben. Dieses ist bis heute erhalten. Unter anderem vererbt er seinem vierten Sohn, der nach ihm benannt ist, seine silberne Taschenuhr.

Jeltje Abben, Mutter von:

Hans            (1839 - 1914)          Dorothea (1851 - 1944)

Jan               (1841 - 1910)          Grietje     (1853 - 1899)

Hinderk         (1843 - 1920)         Jelte        (1855 - 1943)

Peter Ennen (1847 - 1928)          Hilko       (1858 - 1860)

Frauke          (1849 - 1914)

Jeltje ist mit 38 Jahren hochschwanger, hat 8 Kindern und ist bereits Witwe. 

Familie Andrees Bruns um 1905

Andrees kam im Alter von 12 Jahren

von Filsum nach Weener, um das

Zimmerer- Handwerk zu lernen.

Familie Jan Pals um 1886

Jan ging von Bunderhammrich

nach Weener. Seine Geschwister

und seine Mutter wanderten nach

Nordamerika aus.